Experte oder Ideensammler?
Experte 🕶 oder Ideensammler 💡? Den einen richtigen Beruf gibt es für mich nicht. Und bei Dir so?
Es gibt Menschen, die schon immer wussten, was sie einmal werden wollen. Bisher habe ich sie dafür irgendwie beneidet. Denn ich weiß bis heute nicht, welcher Beruf der richtige für mich ist. Das kann auch Vorteile haben ...
Wenn man nicht weiß, was man will, dann ist die Hauptaufgabe, erst einmal Dinge auszuprobieren. So habe ich bereits als Schülerin meine Freizeit und die Ferien dafür genutzt, so viel wie möglich kennenzulernen. Ob Praktikum, Sommerferienjob oder Nebentätigkeit:
Ich war freie Mitarbeiterin bei der Tageszeitung, ging kellnern, verkaufte Eier und stand in der Backstube - und merkte dabei schnell: Auch durch Jobs, die dir zuerst keinen Spaß machen, lernst du etwas - und schwächst Deine Schwächen. Jeder redet permanent davon, wie wichtig es ist, seine Stärken zu stärken. Schwächen immer mehr zu schwächen - das ist jedoch mindestens genauso wichtig, finde ich.
Ursprünglich wollte ich nach der Schule ein Studium beginnen - liebäugelte mit Sozialarbeit. Meine Eltern sagten jedoch zu mir: "Karin. Wir haben Dich jetzt lange genug finanziert. Du hast einen tollen Schulabschluss. Erlerne einen Beruf. Verdiene Dein eigenes Geld. Dann kannst du dir deinen Studiumswunsch selbst finanzieren.
Harte Worte! So empfand ich das damals. Im Nachhinein betrachtet, war es wohl ganz gut so und meine Eltern haben scheinbar irgend etwas richtig gemacht.
Meine bisheriges Berufsleben - das liest sich ziemlich bunt:
✔️ staatl. gepr. Assistentin für Fremdsprachen
✔️ Hotelfachfrau
✔️ Betriebswirtin Touristik
✔️ Ausbildereignungsschein/IHK
✔️ Ausbilderin für Tourismusassistenten
✔️ Personaldisponentin
✔️ Sport - und Gesundheitstrainerin
✔️Verwaltungsangestellte/A1
✔️ Vergabemanagerin
✔️ zertifizierte Rehatrainerin
✔️ Social-Media-Managerin/IHK
✔️ seit 2017: Selbstständiges Model - für Faires und Nachhaltiges
Das klingt schon irgendwie überdurchschnittlich viel, oder? Ob ich mittlerweile angenommen bin? Keine Ahnung! Ich mache das, was ich mache - solange es mir gefällt und es sich für mich gut und richtig anfühlt.
Bisher war es so bei mir: der jeweilige neue Beruf war zu Beginn mega spannend. Irgendwann hat eine gewisse Routine Einzug gehalten .. und schlagartig wurde mir klar: das ist nicht unbedingt das, was ich ein Leben lang machen möchte. Dabei war jede dieser beruflichen Stationen lehrreich, schön und prägend.
Jeder Wechsel erforderte ein wenig Mut und barg gewisse Risiken. So habe ich beispielsweise 2 x eine unbefristete Stelle gekündigt, um eine neue, erst einmal zeitlich befristete Arbeitsstelle, annehmen zu können.
Immer wieder interessierte ich mich für etwas Neues, eignete mir das nötige Wissen und die entsprechenden Fähigkeiten an; wurde dann auch richtig gut darin, absolvierte qualifizierte Abschlüsse und gelangte häufig in eine Führungsposition. Bis zu dem Punkt, an dem es mich langweilte - und etwas anderes mein Interesse weckte.
Jedes Mal dachte ich von Neuem: Endlich, das ist es! Jetzt habe ich meine Berufung gefunden. Und jedes Mal ging das Ganze wieder von vorne los. Dieses Verhaltensmuster hat bei mir ehrlich gesagt zunehmend eine Unsicherheit ausgelöst.
Denn ab einem gewissen Alter wird erwartet, dass man weiß, wo die eigenen Stärken und Interessen liegen - und dass man sich für eine Richtung entscheiden kann. Von da an gilt häufig das Motto: Immer hoch die Karriereleiter, am besten ohne große Umwege.
Was aber, wenn das für einen selbst nicht funktioniert? Nicht, weil man keine Ideen hat, was man tun könnte. Sondern vielmehr, weil man viel zu viele Interessen hat, als dass man sich für eine Sache entscheiden könnte.
Ob ich irgendwann gezwungen bin, mich auf eine Sache festzulegen und mich mit Langeweile arrangieren muss, habe ich mich gefragt. Und wie ich unter diesen Voraussetzungen jemals richtig Karriere machen soll.
Allen, die sich mit diesen Gefühlen identifizieren können, sei gesagt: Mit euch stimmt sehr wohl alles!
Eine freundliche "Karriere-Coachin" hat mir vor kurzem eine aufschlussreiche Erklärung geliefert: "Du bist eine so genannte "Ideensammlerin" oder Multipotentialistin. Das sind Menschen mit vielen Interessen und Leidenschaften“, erklärte sie mir.
Es handele sich nicht um etwas, das man kritisch oder gar als Schwäche betrachten sollte. Im Gegenteil: Wenn man seine verschiedenen Interessensgebiete und erlernten Fähigkeiten miteinander kombiniert, können daraus neue, innovative Dinge entstehen. Zudem falle es leicht, sich an neue Situationen anzupassen, wechselnde Funktionen und Rollen einzunehmen.
Tatsächlich! Wenn mich etwas interessiert, gehe ich mit vollem Einsatz rein, sauge jeden kleinen Funken gierig auf und bin nicht ängstlich, Neues auszuprobieren.
„Momentan gibt es so viele komplexe, multidimensionale Probleme auf der Welt und in der Berufswelt. Wir brauchen kreative Denker und Ideen, sie anzugehen“, gibt sie mir mit auf den Weg.
Klar ist: Menschen, die sich im Laufe ihres (Beruf-)Lebens zu Expertinnen in einem Gebiet entwickeln, braucht es selbst verständlich genauso. Am besten wirken alle zusammen in einem Team. Der Spezialist geht Dingen auf den Grund und bringt die notwendige Expertise mit, während eine Multipotentialistin breit gefächertes Wissen und neue Ideen ohne "Gedankenschranken" mit ins Projekt einbringt.
Also gibt es auch keinen Grund, Fronten aufzuziehen und sich zu vergleichen. Stattdessen macht es Sinn, wenn sich diese Typen zusammentun.
FAZIT: Wir alle sollten unser Leben und unsere Karriere so gestalten, dass sie zu unserem Wesen passen.
Viele meiner eigenen Ziele sind aus der Begeisterung für etwas entstanden.
Experte oder Ideensammler?
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